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Finanzlexikon: sozialhilfe

sozialhilfe

Die Sozialhilfe in Deutschland ist eine öffentliche Hilfeleistung, die bedürftige Bewohner Deutschlands in Anspruch nehmen können. Sie soll jedem Empfänger ein Leben ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Gesetzlich geregelt ist sie im Bundessozialhilfegesetz (BSHG); ab 1. Januar 2005 im Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII).

Historisch betrachtet ist Sozialhilfe die älteste Form einer Sozialleistung und gleichzeitig diejenige, die im Laufe der Geschichte die stärksten Wandlungen durchlaufen hat. Ihre Ursprünge hat sie in der Armen- und Krankenfürsorge, die in mittelalterlichen Städten von der Kirche organisiert wurde. Im Zuge der industriellen Revolution, des mit ihr einhergehenden raschen Wachstums der Städte und des Entstehens des Proletariats wuchsen die Aufgaben der Fürsorge so stark an, dass gesetzliche Regelungen geschaffen wurden (z. B. das Preußische Armenpflegegesetz von 1842). Damit verband sich sehr schnell auch die Absicht der Kontrolle, weil erkannt wurde, dass in der Unzufriedenheit entwurzelter Armer "politischer Sprengstoff" steckt.

Das 1871 neugegründete Deutsche Reich überließ diese Aufgaben den einzelnen Ländern. Eine reichsweite Regelung entstand erst zur Zeit der Weimarer Republik in Gestalt der Reichsfürsorgepflichtverordnung von 1924 und der "Reichsgrundsätze über die Voraussetzungen, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge", ebenfalls von 1924.

Die Bundesrepublik Deutschland gab sich erst 1961 mit dem Bundessozialhilfegesetz ein einheitliches Sozialhilferecht. Vereinheitlicht sind allerdings nur die allgemeinen Regeln; die Höhe der tatsächlich ausgezahlten Sozialhilfeleistung und viele Einzelheiten der Hilfegewährung werden von den Bundesländern bestimmt. Die Bundesländer koordinieren ihre diesbezügliche Politik dadurch, dass sie in der Regel den Empfehlungen des von den Sozialhilfebehörden und Sozialverbänden getragenen "Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V." folgen.

Das Bundessozialhilfegesetz ermöglicht und fordert eine individuelle Ausgestaltung der Sozialhilfe. Durch die hohe Zahl der Sozialhilfeempfänger und vergleichsweise wenig Sachbearbeiter der Sozialämter allerdings wird die Sozialhilfe meist pauschaliert erbracht und die Aufklärungs- und Beratungsfunktion der Sozialämter wird im Alltag häufig hintangestellt.

Die Sozialhilfe kann als Geld-, Sach- oder auch als Dienstleistung erbracht werden. Der Regelfall ist die Geldleistung. Alle Leistungen werden nur nach dem Maßstab der Bedürftigkeit erbracht, wobei immer der gesamte Haushalt betrachtet wird, unabhängig davon, ob und wie die Haushaltsmitglieder miteinander verwandt sind (Einsatzgemeinschaft). Jedoch ist der Anspruch jeder einzelnen Person separat zu prüfen. Für den alltäglichen Lebensbedarf wird ein sogenannter Regelsatz zugrunde gelegt. Die Sozialhilfe ist nachrangig (subsidiär), das heisst, dass alle anderen Sozialleistungen ihr vorgehen und die Sozialhilfe nur als "Notbehelf" eintritt (ultima ratio, letztes Mittel).

Wer Leistungen in Anspruch nehmen will, muss deshalb seine finanziellen Verhältnisse restlos offenlegen. Dies wird von vielen (oft gerade von alten) Menschen als entwürdigend empfunden. Darin liegt auch der Grund, warum ein Teil der Menschen, die Anspruch auf Sozialhilfe hätten, sie dennoch nicht in Anspruch nehmen (Problem der sogenannten versteckten Armut). Unter anderem deswegen wurde für Bedürftige im Rentenalter und dauerhaft Erwerbsunfähige seit 2003 die sogenannte Grundsicherung eingeführt, deren Leistungen geringfügig über denen der Sozialhilfe liegen.

Ein andere Folge der Orientierung an der Bedürftigkeit und der Nachrangigkeit ist die, dass die Träger der Sozialhilfe nachforschen, ob ein Antragsteller möglicherweise zivilrechtliche Unterhaltsansprüche hat, die er selbst nicht geltend macht oder nicht geltend machen will; dies kommt z.B. häufig vor, wenn Sozialhilfe für Kinder beansprucht wird und ein alleinerziehender antragstellender Elternteil mit dem anderen Elternteil nicht zusammenlebt und auch keine Verbindung mehr hat. Das Gesetz gibt für solche Fälle dem Sozialhilfeträger die Befugnis, die Unterhaltsansprüche, die dem Hilfeempfänger zustehen, auf sich selbst überzuleiten (sie sich sozusagen anzueignen) und im eigenen Namen geltend zu machen.

Träger der Sozialhilfe sind für den "Normalfall" der Sozialhilfe, die Hilfe zum Lebensunterhalt, die Landkreise, kreisfreien Städte und Sonderstatusstädte. Für bestimmte Menschen in besonderen Lebenslagen (z.B. Behinderte, die dauerhaft in Wohnheimen untergebracht sind) bestehen je nach Bundesland spezielle Zuständigkeiten von Behörden oder Trägern mit einem grösseren räumlichen Zuständigkeitsbereich (beispielsweise in NRW die Landschaftsverbände).

Die Zuständigkeit der Landkreise, kreisfreien Städte und Sonderstatusstädte besteht nicht nur hinsichtlich der Verwaltung, sondern auch hinsichtlich der Finanzierung der Sozialhilfe. Daher haben die Gemeinden ein Interesse daran, dass Sozialhilfeempfänger möglichst in anderen Hilfesystemen aufgefangen werden und nicht im "letzten sozialen Netz", der Sozialhilfe landen oder verbleiben.

Nicht zuletzt deswegen ist die Sozialhilfe immer wieder Gegenstand heftiger Diskussionen in der Öffentlichkeit. Auch Fälle von Sozialhilfemissbrauch (z. B. Florida-Rolf) führen immer wieder zu Debatten. Allerdings gerät dabei oft außer Sicht, dass einem gewissen Anteil von Missbrauchsfällen die Masse von Sozialhilfeempfängern gegenübersteht, die nur ein außerordentlich bescheidenes Leben führen können. Die Teilnahme am sozialen Leben, die die Sozialhilfe nach ihrem gesetzlichen Auftrag auch gewährleisten soll, ist den meisten auf Sozialhilfe angewiesenen nur sehr eingeschränkt möglich.

Zudem wird häufig nicht berücksichtigt, daß ein Großteil der Sozialhilfeempfänger nicht erwerbsfähig ist. So waren zum Beispiel 2002 in Nordrhein-Westfalen von den insgesamt 656.061 Sozialhilfeempfängern 37,5 % unter 18 Jahren. Zusammen mit den über 65 Jahre alten sind somit knapp die Hälfte der Sozialhilfeempfänger allein aus Altersgründen kaum in der Lage, ihren Lebensunterhalt selber zu bestreiten.

Die Gründe für den Verbleib erwerbsfähiger Menschen in der Sozialhilfe sind vielschichtig. Zum einen erschwert die schlechte konjunkturelle Lage die Arbeitsaufnahme, zum anderen treten in manchen Fällen aber auch 'Entwöhnungseffekte' auf, die Bereitschaft zur eigenverantwortlichen Sicherstellung des Lebensunterhaltes geht zurück. Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Übernahme negativer Vorbilder, das heißt der Weg in die Arbeitswelt ist Kindern aus Familien, die langfristig im Hilfebezug stehen, erschwert.

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